Interview.
Am 14. September wählt Breckerfeld einen neuen Bürgermeister – oder besser: auf dem Stimmzettel wird einzig Amtsinhaber André Dahlhaus gelistet sein, der sich damit um eine dritte Amtszeit bewirbt. Im LokalDirekt-Interview zieht er Bilanz über die vergangenen zehn Jahre als Verwaltungschef und spricht offen über zentrale Themen wie Stadtentwicklung, Verkehrsbelastung, Vandalismus, das Freizeitangebot für Jugendliche und den angespannten Wohnungsmarkt.
LokalDirekt: Herr Dahlhaus, Sie treten erneut zur Wahl an – und wieder ohne Gegenkandidaten. Wie erklären Sie sich diesen Umstand? Fehlt es in Breckerfeld an politischer Konkurrenz oder Engagement?
André Dahlhaus: Ich glaube nicht, dass es in Breckerfeld an politischer Konkurrenz oder Engagement fehlt. Warum es keinen Gegenkandidaten gibt, kann ich nicht beurteilen. Ich habe versucht, mein Amt als Bürgermeister in den vergangenen zwei Legislaturperioden bestmöglich auszuüben. Dazu gehört für mich vor allen Dingen, dass ich gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern überparteilich arbeite und dass ich alle Ratsfraktionen immer transparent und umfassend informiere.
Welche Bilanz ziehen Sie aus der bisherigen Amtszeit?
Es waren sicherlich aufregende Jahre. Vor fünf Jahren waren wir inmitten des ersten Corona-Sommers und der Winter mit all seinen Problemen stand kurz bevor. Im Jahr 2022/2023 mussten wir uns im Zuge des Ukraine-Krieges auf eine Gasmangel-Lage vorbereiten und hatten einen starken Zuzug von Flüchtlingen. Die Welt dreht sich mittlerweile unglaublich schnell. Inmitten dieser Zeiten bin ich der Meinung, dass sich die Stadt Breckerfeld positiv entwickelt hat. Nicht selten wird mir gesagt, dass die Welt in Breckerfeld noch in Ordnung ist.
In Ihrem Wahlbrief betonen Sie Ihre Erfahrung und Verlässlichkeit. Was würden Sie sagen, sind die drei wichtigsten Projekte oder Erfolge Ihrer bisherigen Amtszeit?
Es ist schwierig, drei Projekte zu benennen. Für den einen kann ein ganz kleines Projekt von überragender Bedeutung sein, für die anderen ist ein großes Projekt von nachrangiger Bedeutung, da es sie nicht betrifft. Die Stadt Breckerfeld hat in den vergangenen fünf Jahren 20 Millionen Euro investiert – das ist eine stolze Summe, die komplett ohne Schulden finanziert wurde. Ich denke, es muss für alle Generationen etwas getan werden. Wenn ich mich daran orientiere, war sicherlich der Neubau des Kindergartens Abenteuerland, die Investitionen im Bereich der Sport- und Freizeitanlage Breckerfeld und der Sportanlage Zurstraße sowie das Projekt ‚Gesund in Breckerfeld‘ von immenser Bedeutung.
Und was war ihre schwierigste Entscheidung bisher - und warum?
Da bin ich leider wieder in der Corona-Pandemie. In der Anfangszeit, als es noch keine Regelungen von Bund und Land gab, haben wir durch Allgemeinverfügung entschieden, dass alle öffentlichen und privaten Veranstaltungen untersagt sind. Ich kann mich noch daran erinnern, als ich diese Verfügung unterschrieben habe. Ich hätte nicht gedacht, dass ich mal einen derartig weitreichenden Eingriff in das Leben der Menschen dieser Stadt hätte entscheiden müssen.
Bei der letzten Kommunalwahl erhielten Sie rund 88 Prozent der Stimmen – erwarten Sie ein ähnlich deutliches Ergebnis auch diesmal?
Am 14. September um 18 Uhr sind die Wahllokale geschlossen – dann wissen wir mehr.
Breckerfeld ist schuldenfrei – ein positives Alleinstellungsmerkmal. Dennoch gibt es in der Stadt spürbare Probleme: Leerstände und weitere Geschäftsaufgaben in der Innenstadt, fehlende Angebote für Jugendliche, eine hohe Verkehrsbelastung im Ortskern, um nur einige Beispiele zu nennen. Wie passen diese Themen mit dem Bild einer „starken, lebenswerten Stadt“ zusammen?
Diese Frage ist mir viel zu negativ besetzt. Ich sehe das deutlich differenzierter - natürlich gibt es auch in unserer Stadt Dinge, die früher mal anders waren. Leerstände beziehungsweise fehlende Einkaufsmöglichkeiten in der Innenstadt sind sicherlich solche Stichworte. Allerdings muss man auch erkennen, dass sich das Einkaufsverhalten der Bevölkerung sehr stark verändert hat. Man geht zu einem Einkaufszentrum und möchte am liebsten gleich alles besorgen. Hierunter leiden natürlich einzelne Ladenlokalbetreiber, was man auch daran erkennen kann, dass beispielsweise eine Bäckerei beziehungsweise die Metzgerei im Ort geschlossen haben. Gleichwohl bin ich froh, dass in der Metzgerei ein Handwerker einen Ausstellungsraum eröffnet hat, so dass dort kein Leerstand vorhanden ist.
Die Verkehrsbelastung im Ortskern ist sicherlich ein weiteres Thema. Durch die Sperrung der Rahmedetalbrücke hat der Verkehr nochmal zugenommen. Allerdings war er auch schon vorher enorm. Wir müssen als gesamte Stadtvertretung weiterhin dafür werben, dass im neuen Landesstraßenbedarfsplan die Umgehungsstraße die höchstmögliche Priorität erhält.
Was das Angebot für Jugendliche angeht, bin ich der Meinung, dass sich dieses in der Stadt Breckerfeld durchaus sehen lassen kann. Wir haben hervorragende Sportmöglichkeiten, die man - wie zum Beispiel das Mehrzweckfeld oder die Kleinschwimmhalle - auch abseits des Vereinssports nutzen kann. Insofern bleibe ich dabei: Breckerfeld ist eine starke und lebenswerte Stadt.
Insbesondere die Innenstadt wirkt aber doch wenig belebt. Es scheint, als gebe es bislang kein strategisches Stadtentwicklungskonzept, dass die Attraktivität der historischen Altstadt aufleben lässt?
Was würde eine strategisches Stadtentwicklungskonzept bringen? Die Mehrheit des Rates hat in der Vergangenheit immer wieder entschieden, dass ein solches nicht zielführend ist. Das Hauptproblem ist die fehlende Umgehungsstraße. Da der Verkehr so lange, wie wir keine Umgehungsstraße haben, durch die Innenstadt geführt werden muss, sind viele mögliche Ideen nicht umsetzbar. Vielmehr muss man die konkreten Möglichkeiten, die sich ergeben, wie beispielsweise beim Lokalladen oder die Gastronomie in der Denkmalstraße, durch standortgerechte und pragmatische Entscheidungen unterstützen. Ich glaube, dies ist in den vergangenen Jahren von Verwaltung und Politik auch erfolgt.
Die Jakobus-Kirmes und der Weihnachtsmarkt sind seit vielen Jahren „rückläufig“, was das Angebot an Schau- beziehungsweise Ausstellern betrifft. Wie will die Verwaltung dieser Entwicklung entgegenwirken? Sind andere Veranstaltungskonzepte in der Überlegung?
Ich glaube, hier liegt ein Wandel in der Gesellschaft vor. Veranstaltungskonzepte müssen in vielen Bereichen überarbeitet werden - insbesondere für den Weihnachtsmarkt wollen wir die Standbetreiber, die kunstgewerbliche Produkte anbieten, von Standgeldern entlasten. Ich möchte aber betonen, dass wir diese seit vielen Jahren überhaupt nicht mehr erhöht haben. Im Hinblick auf die Kirmes sind wir ebenfalls im Gespräch mit den Schaustellern. Aber die gleichen Probleme, die zum Beispiel auf der Hasper Kirmes vorhanden sind, dass Schausteller recht kurzfristig absagen und dadurch Standplätze leer bleiben, haben wir auch.
Insbesondere Jugendliche kritisieren das fehlende Freizeitangebot außerhalb von Sportvereinen. Was wollen Sie konkret tun, um dieser Zielgruppe mehr Raum und Möglichkeiten in Breckerfeld zu bieten – auch jenseits des Ehrenamts?
Ich würde gerne wissen, wie Sie zu ihrer pauschalen Erkenntnis kommen. Man muss das Angebot auch immer in Relation zur Größe einer Stadt setzen. Ich bin der Meinung, dass Breckerfeld für eine Kleinstadt einiges zu bieten hat. Ich habe gerade bereits aufgezählt, dass die Kleinschwimmhalle und das Mehrzweckfeld außerhalb der Vereine genutzt werden kann. An der Glörtalsperre kann man insbesondere im Sommer hervorragend Zeit verbringen, was den Charakter eines Natur-Freibades hat. Wir sind gerade dabei, Möglichkeiten für ein 3x3-Feld und für einen Pumptrack, also eine Anlage, die sowohl für Radfahrer als auch für Skater geeignet ist, zu prüfen. Darüber hinaus wird der Jugendraum gerade erweitert und saniert. Im Übrigen finde ich es nicht schlimm, wenn viele Angebote auch über Vereine angeboten werden.
Sie betonen die Bedeutung des Ehrenamts für das gesellschaftliche Leben in Breckerfeld. Viele Freizeitprojekte beruhen auf freiwilligem Engagement. Welche Unterstützung wollen Sie als Bürgermeister diesen Gruppen bieten?
Ich bin der Meinung, dass ich in den vergangenen Jahren gezeigt habe, dass ich freiwilliges Engagement stark unterstütze. In jeglichen Bereichen, sei es bei den Kirchen, bei den Vereinen oder bei der Freiwilligen Feuerwehr stehe ich mit Rat und Tat zur Seite, wenn ich oder die Stadt helfen kann. Dies wird auch in Zukunft so bleiben.
Ein weiteres Dauerthema: die schlechte Anbindung an den öffentlichen Personennahverkehr, insbesondere in die Außenbereiche. Welche Verbesserungen sind hier Ihrer Meinung nach realistisch umsetzbar?
Wie Sie schon sagen, hier muss man realistisch bleiben. Ich würde mir wünschen, dass der ÖPNV auch in den Außenbereichen stärker ausgebaut wird - für häufigere Verbindungen sehe ich gleichwohl keine Möglichkeiten. Allerdings muss man auch betonen, dass der FluxFux, also der On-Demand-Verkehr der VER an Wochenenden und Feiertagen, eine große Chance bietet. Bereits jetzt hat er Ortschaften wie Epscheid, Loh oder Ehringhausen an das ÖPNV-Netz angeschlossen. Ich würde mir wünschen, wenn dies für weitere Ortslagen oder beispielsweise für den Ortsteil Zurstraße auch noch möglich wäre.
Der Wohnungsmarkt in Breckerfeld ist angespannt – insbesondere bezahlbarer (Miet-)Wohnraum für Familien oder barrierefreier Wohnraum fehlt. Sehen Sie Potenzial, dass sich diese Situation in den kommenden fünf Jahren verbessert?
Der Wohnungsmarkt ist nicht nur in Breckerfeld angespannt, sondern in vielen Städten. Dies liegt zum Einen an Flächen, die zwar bebaut werden könnten, aber derzeit von den Eigentümern nicht zur Verfügung stehen und zum Anderen auch an den Vorgaben des Regionalplans, welcher durch die übergeordneten Behörden verabschiedet wird. Ich erhoffe mir schon, dass durch die Planungen für die Klevinghauser Straße, wo auch zwei Mehrfamilienhäuser vorgesehen sind, sowie für das Gebiet in Zurstraße neuer Wohnraum zur Verfügung steht.
Die Planungen für das Neubaugebiet an der Klevinghauser Straße stagnieren. Woran hakt es konkret?
Die Wasserbehörden haben im Rahmen des Beteiligungsverfahren gewisse Dinge aufgezeigt, die umzusetzen sind. Hier spielt auch das Jahrhunderthochwasser aus dem Jahr 2021 eine Rolle. Darüber hinaus wurden weitere Fachbehörden beteiligt, die auch gewisse Hinweise hatten. Schlussendlich mussten diese Hinweise in Zusammenarbeit mit den beauftragten Ingenieurbüros tiefergehend geprüft und geplant werden. Hinzu kommt der Fachkräftemangel, den man ebenfalls auf allen Ebenen spürt.
Stichwort ‚demografischer Wandel‘. Was bedeutet dieser insbesondere für eine Kleinstadt wie Breckerfeld beziehungsweise welche besonderen Herausforderungen zieht dieser für den Ort nach sich?
Selbstverständlich müssen auch wir uns dem demografischen Wandel stellen. Durch die Veränderung des Bebauungsplans in Zurstraße im früheren Bereich der Stiftung Bethel kann der Investor nun zusätzliche Pflegeplätze schaffen. Durch das Angebot ‚Gesund in Breckerfeld‘ werden vielfältige Angebote für Seniorinnen und Senioren zur Verfügung gestellt. Daneben gilt es auch, das soziale Netz, wie beispielsweise ‚Senioren helfen Senioren‘ oder den Förderkreis kirchlicher Pflegedienst zu erhalten, damit Senioren möglichst lange in ihrem eigenen Zuhause leben können. Auch die ärztliche Versorgung ist in diesem Zusammenhang ein Thema. Derzeit sind wir mit drei Praxen gut versorgt, doch auch hier muss man aufpassen, dass dies so bleibt.
Ein weiteres Stichwort ist die Flüchtlingssituation. Wie möchten Sie sich als Bürgermeister dafür einsetzen, dass die rund 280 in den städtischen Gebäuden untergebrachten Menschen mit Migrationshintergrund künftig besser in das gesellschaftliche Leben vor Ort eingebunden werden können?
Ich bin der Meinung, dass die Stadt hier schon über das übliche Maß etwas tut. Wir haben in Kooperation mit der VHS in Gevelsberg das kommunale Integrationsmanagement aufgebaut - also eine Anlaufstelle für Menschen mit Migrationshintergrund. Die Fördermittel wurden im vergangenen Jahr leider gekürzt, so dass wir nun einen beträchtlichen Anteil aus dem eigenen Haushalt finanzieren. Hinzu kommen natürlich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Sozialamtes, die ebenfalls daran arbeiten, dass sich die Menschen in Breckerfeld integrieren können. Auch das Forum Flüchtlinge steht in vielen Bereichen weiterhin unterstützend zur Seite.
Laut Kriminalstatistik ist Breckerfeld eine der sichersten Kommunen in NRW. Dennoch bemängeln Bürger, dass es keine 24-Stunden-Polizeipräsenz vor Ort gibt. Wie schätzen Sie persönlich die Sicherheitslage ein?
Eine 24 Stunden-Polizeipräsenz ist für Breckerfeld unrealistisch. Dies ergibt sich schon daraus, dass die Wache mit einem Bezirksbeamten versehen ist. Die Zusammenarbeit mit der Ordnungsbehörde empfinde ich als gut. Es finden laufend Abstimmungsgespräche statt. Ich persönlich schätze die Sicherheitslage ebenfalls als gut ein, dies zeigt auch die Kriminalstatistik. Allerdings habe ich für jeden, der Opfer einer Straftat geworden ist, und dies anders einschätzt, größtes Verständnis - denn zwischen dem objektiven und dem subjektiven Empfinden liegt häufig ein großer Unterschied.
Schmierereien an öffentlichen und privaten Gebäuden sowie Bushaltestellen, Vandalismus auf Spielplätzen - es scheint, als hätten diese Delikte in jüngster Zeit zugenommen. Mit welchen Maßnahmen wollen Sie dem entgegenwirken - mehr Prävention oder mehr Kontrolle?
Ich bin mir nicht sicher, ob die Schmierereien wirklich zugenommen haben, denn auch in der Vergangenheit gab es immer wieder solchen Vandalismus. Trotzdem bin ich über jedes einzelne Delikt wirklich sauer, da es Straftaten sind. Warum beschmiert man den Stein am Kreisverkehr oder ein Bushaltestellen-Häuschen? Das ist durch nichts zu rechtfertigen. Wenn man präventiv vorgehen möchte, müsste man ja zunächst einmal wissen, welche Gruppen solche Schmierereien begehen. Wir haben seit einiger Zeit einen Security-Dienst, der gewisse Bereiche im Stadtgebiet bestreift. Allerdings kann man nicht zu jeder Zeit an jedem Ort sein.
Laut Bundestagswahlergebnis liegt die AfD in Breckerfeld bei über 20 Prozent. Anders als in zahlreichen Nachbarkommunen gibt es in Breckerfeld keinen AfD-Ortsverband, so dass sie hier bei der Gemeinderatswahl am 14. September nicht antritt. Woran, glauben Sie, liegt das?
Das kann ich nicht beurteilen. Hier sollten Sie den AfD-Kreisverband befragen.
Glauben Sie, dass die AfD dennoch in Breckerfeld zukünftig wachsenden politischen Einfluss nehmen wird?
Das hoffe ich nicht. Die AfD ist eine rechtspopulistische Partei und in Teilen rechtsextremistische Partei. Insbesondere auf Bundes- und Landesebene gilt es, diese Partei durch bessere Politik, die auch die Stimmungen in weiten Teilen der Bevölkerung wahrnimmt, wieder kleiner zu bekommen.
Mit dem Wegfall der Wählergemeinschaft wird sich der Rat der Stadt Breckerfeld künftig aus maximal vier politischen Parteien - CDU, SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP - zusammensetzen. Ist dies Ihrer Meinung nach ein Vor- oder ein Nachteil für die Entscheidungsfindung in den Gremien?
Ich habe es sehr bedauert, dass die Wählergemeinschaft nicht mehr für den Rat der Stadt kandidiert. Die Wählergemeinschaft hat eine lange Tradition und war mehr als 50 Jahre fester Bestandteil der politischen Willensbildung in unserer Stadt. Insofern wird etwas fehlen.
Abschließend und in einem Satz: Warum sollten die Bürgerinnen und Bürger Ihnen am 14. September erneut ihre Stimme geben?
Seit zehn Jahren setze ich mich mit Herzblut, Erfahrung, Verlässlichkeit und Nähe zu den Menschen für unsere liebens- und lebenswerte Hansestadt Breckerfeld ein – geben Sie mir erneut Ihre Stimme, damit wir gemeinsam auch die kommenden Jahre erfolgreich gestalten können.
Vielen Dank für das Gespräch.