"Wow, es ist voll geworden heute Abend in der Aula des AFG", begrüßte Friederike Kämper, Redaktionsleiterin von LokalDirekt, die rund 300 interessierten Bürger zur Podiumsdiskussion mit den Bürgermeisterkandidaten in Halver. "Sie sind eingeladen, Fragen zu stellen und sich heute Abend noch einmal die letzten Infos zu holen, bevor Sie am 14. September Ihr Kreuzchen setzen", lud Kämper ein und übergab mit diesen Worten die Moderation an WDR-Journalist Michael Brocker, der das Publikum durch den Abend führte.

Rede und Antwort standen am Donnerstagabend, 4. September, die Bürgermeisterkandidaten Armin Kibbert (SPD), Sascha Gerhardt (CDU), Sina Löschke (Bündnis 90/Die Grünen), Marc Borlinghaus (AfD) und Tula Pak (parteilos). Sachlich und fair untereinander und den Bürgern zugewandt präsentierten sich die fünf Kandidaten. Der Moderator band das Publikum von vornherein mit ein. Michael Brocker hatte den Abend thematisch in drei Blöcke unterteilt:

Wirtschaft, Bauprojekte, Verkehr

So wollte er zunächst wissen, welche Maßnahmen die Kandidaten ergreifen würden, um die Wirtschaft zu stärken.

"Wir stehen da aktuell vor drei großen Herausforderungen", erklärte Sina Löschke, "die steigenden Energiepreise, die marode Infrastruktur und der Fachkräftemangel." Man sei sich dieser Probleme sehr bewusst und habe deshalb in der Vergangenheit bereits "Wege für erneuerbare Energien geebnet", während für die Wiederherstellung der Infrastruktur Förderanträge gestellt wurden. Und auch für den an vielen Stellen herrschenden Personalmangel hatte die Kandidatin der Grünen einen Lösungsansatz parat: "Fachkräfte siedeln sich hier an, wenn auch das Wohnen in Halver wieder attraktiver ist. Gleiches gilt für die medizinische Versorgung, Kindergärten und Schulen."

Marc Borlinghaus von der AfD setzt dagegen auf neue Unternehmer: "Deutschland erlebt gerade einen Technologiewandel, ganz neue Branchen entstehen, während andere abwandern. Halver muss meines Erachtens insgesamt wieder attraktiver, die Innenstadt aufgewertet werden - wir müssen junge Unternehmen und Start-Ups nach Halver ziehen."

Sascha Gerhardt bezeichnete die wirtschaftliche Situation als "schwierig" - und betonte, dass die "heimischen Unternehmen nicht weiter belastet werden dürfen. Außerdem muss eine entsprechende Infrastruktur geschaffen werden."

Armin Kibbert führte aus, dass man "schon die ersten Maßnahmen ergriffen habe", und nannte als Beispiel die Differenzierung der Hebesätze. Ziel sei es, diesem auch weiterhin auf "einem niedrigen Level zu halten", und betonte, dass Halver weit unter dem Schnitt des Märkischen Kreises und Nordrhein-Westfalens liege.

Die parteilose Kandidatin Tula Pak erläuterte, dass sie "mit den Unternehmern im Dialog bleiben und unnötige Bürokratie abbauen" möchte. Um neue Unternehmen nach Halver zu ziehen, sollten diese ihrer Meinung nach im ersten Geschäftsjahr weniger Steuern zahlen."

Immer wieder band Moderator Michael Brocker auch das Publikum mit in die Veranstaltung ein. So fragte eine Besucherin, welche Standorte sich Sina Löschke für weitere Windkraftanlagen vorstellen könnte. "In dem Bereich sind wir schon auf dem Weg", betonte Löschke, "es sind mehrere in Planung, drei in Glörfeld in Richtung Anschlag - mir persönlich dauern die Prozesse auch zu lange." Armin Kibbert pflichtete ihr bei: "Wir haben für Schöneberge bereits einen Änderungsantrag gestellt, der Baubeginn sollte bereits im nächsten Jahr erfolgen."

Michael Brocker sprach den AfD-Kandidaten Marc Borlinghaus gezielt auf die Aussage seiner Parteichefin, dass alle Windkrafträder "Windmühlen der Schande" seien und abgerissen werden sollten, an. "Mit dieser Äußerung ist Alice Weidel sicher übers Ziel hinausgeschossen." Borlinghaus selbst wolle keinesfalls Windkraftanlagen abreißen - aber auch keine neuen entstehen lassen.

Jugend, Familie, Kultur

Zu Beginn des zweiten Themenblocks wollte Brocker im Rahmen einer Publikumsfrage wissen, was die fünf Bürgermeisterkandidaten gegen die Personalnot in Kindertagesstätten tun können, die an manchen Stellen dazu führt, dass Angebote eingestellt werden müssen.

Während Tula Pak "den Dialog mit den Trägern und den Vereinen suchen" möchte, setzt Marc Borlinghaus auf das Engagement von Freiwilligen, die als zusätzliche, freiwillige Kräfte eingesetzt werden könnten. "Im ersten Schritt würde ich nach Ehrenamtlichen suchen und auch den Vereinen die Gelegenheit geben, sich vorzustellen, zum Beispiel über eine kleine Messe oder eine Börse." Im zweiten Schritt, so Borlinghaus weiter, müsste geprüft werden, "welche Gelder fehlen, und an welchen Stellen die Träger individuell unterstützt werden können." Sina Löschke sieht im pädagogischen Ausbau des Ganztags-Konzepts einen "ersten, großen Schritt voran", der die Arbeitsplätze in diesem Bereich "für künftige Arbeitskräfte hoffentlich attraktiv macht." Sascha Gerhardt ist der Meinung, dass "Halver bereits über ein gut funktionierendes Netzwerk aus verschiedenen, teils privaten Trägern" verfügt, die als Arbeitgeber dafür sorgen, dass die gerade beschriebene Personalnot nicht zu groß wird." Nun gelte es, die Arbeitsplätze attraktiver zu machen, Verträge zu entfristen und die Anerkennung dieser Berufsfelder zu erhöhen. Dabei gab er aber auch zu bedenken, dass "der Einfluss der Stadt auf diesen Prozess marginal ist." Armin Kibbert glaubt, dass "eine gute Mischung benötigt wird - auf manche Parameter haben wir als Stadt wenig Einfluss, dennoch sollten wir versuchen, die Rahmenbedingungen vor Ort so zu optimieren, dass die Mitarbeiter genau das finden, was sie brauchen."

Auf die Frage aus dem Publikum, welche neuen Angebote für Jugendliche in Halver geschaffen werden sollten, äußerten die Kandidaten verschiedene Ideen: "Der Skate-Park wird zweifellos ein attraktives Angebot darstellen. Außerdem sollten die Jugendlichen stärker in das neu konzipierte Jugendzentrum gezogen werden", sagte Armin Kibbert. Sascha Gerhardt pflichtete ihm bei: "Es ist in der Vergangenheit schon viel geschehen. Wir haben aktiv am Antrag für den Skate-Park mitgewirkt, und auch die einzelnen Vereine bieten viel an - ein Beispiel ist der Mountainebike-Trail vom Ski-Club. Der Bürgermeister sollte sich als Türöffner zu den Vereinen verstehen, um deren Angebote bekannter zu machen." Tula Pak wünscht sich mehr Veranstaltungen - wie zum Beispiel ein Open-Air-Kino oder Beachpartys. Um diese Angebote zu finanzieren, würde sie Unterstützung bei den lokalen Unternehmen suchen, wie sie weiter ausführte: "Heimische Gastronomiebetriebe könnten dort Stände betreiben und so als Sponsoren dienen." Marc Borlinghaus brachte noch einen weiteren Aspekt an: "In puncto Sport sind wird in Halver schon gut aufgestellt. Ich möchte mehr digitale Angebote für Jugendliche schaffen - wie zum Beispiel Lan-Partys."

Visionen für die Innenstadt

Teils unterschiedliche Meinungen vertraten die Kandidaten bei einer Frage aus dem Live-Stream, welche Vorstellungen sie von möglichen Veränderungen in der Innenstadt haben. Konkret sprach er dabei die Möglichkeit an, aus der Bahnhofstraße eine Einbahnstraße zu machen.

Armin Kibbert stimmte dem Fragesteller zu: "Wir sollten die Einbahnstraßen-Idee definitiv verfolgen. Eine solche käme auch der Außengastronomie zugute." Sascha Gerhardt schloss sich an: "Ich bin offen für die Bedürfnisse der Gastronomen. Die Ideen sollten genau geprüft und auch über eine Verkehrsberuhigung und eine Begrünung nachgedacht werden." Sina Löschke steht der Einbahnstraßen-Regelung ebenfalls offen gegenüber: "Dort ist definitiv zu wenig Platz für Auto - und Radfahrer." Darüber hinaus, erklärte sie, "habe sie sehr konkrete Vorstellungen, wie man die Lebens- und Aufenthaltsqualität in der Innenstadt" verbessern könne. Die parteilose Kandidatin Tula Pak widersprach: "Ich finde andere Projekte wichtiger und würde lieber außerhalb der Stadt neue Radwege schaffen - auch, um die Innenstadt für Schüler besser erreichbar zu machen." Marc Borlinghaus hingegen möchte "Angebote schaffen, wo Menschen zusammenkommen." So würde die Bühne am Alten Markt seines Erachtens zu selten bespielt. Außerdem würde er gerne einen regelmäßigen "Feierabend-Markt" in Halver etablieren.

Die Kandidaten - und warum sie besser sind als ihre Mitbewerber

Am Ende forderte der Moderator die Kandidaten zu einer Selbsteinschätzung auf: "Warum wären Sie der bessere Bürgermeister als Ihre Mitbewerber?":

  • Armin Kibbert: "Zuerst einmal glaube ich, aufgrund meines sehr guten moralischen Kompasses. Dann die Entscheidung bewusst für Halver vor über 20 Jahren, mit meiner Familie hier hinzuziehen und meine Kinder hier großzuziehen. Und was mich am meisten motivieren wird, ist, dass ich diese Stadt mit ihnen und euch allen zusammen weiterentwickeln möchte für meine noch nicht geborenen Enkelkinder, dass die Stadt als Perspektive für meine Kinder erkannt wird. Und ich glaube, ich habe in meiner Zeit bei der Polizei im Märkischen Kreis auf der Straße und in den Wachen, sowie hier in Halver auf der Wache das Zuhören gelernt. Das Zuhören bei den Menschen, bei denen, die mit Problemen zu einem kommen und da unterscheidet sich der Bürgermeister glaube ich wenig von den Polizeibeamten. Die Menschen rufen die 110 an oder die rufen die 730 an. Ob jetzt im Rathaus oder bei der Polizei, die Menschen brauchen da Hilfe. Die haben ein Problem und das gilt es dann, pragmatisch zu lösen. Das kann ich."
  • Sascha Gerhardt: "Erstmal ist es natürlich eine Grunddisposition, wenn ich sage: 'Die Menschen im Blick, Halver im Herzen'. Das ist etwas, was etwas über mich persönlich aussagt. Und das möchte ich eben verzahnen mit Erfahrungen, die ich in 17 Jahren hier im Stadtrat gewinnen durfte. Darüber hinaus mit über 30 Jahren Erfahrung bei der Polizei, davon mittlerweile 24 Jahre als Führungskraft und teilweise eben auch von sehr großen Verwaltungen, momentan ein Personal von weit über 100 Personen, die mir nachgeordnet sind, mit denen ich Projekte entwickelt habe, die eben jetzt zwar nicht kommunal sind, die aber auf Verwaltungsebene entsprechend angesiedelt sind. Die dort gewonnen Kenntnisse, glaube ich, sind insgesamt das Gesamtpaket, das mich vielleicht zu einem geeigneten Kandidaten macht, was allerdings jetzt gar nichts aussagen soll über die anderen. Darüber müssen die Menschen entscheiden, ob das jetzt besser ist oder eben vielleicht auch nicht. Deswegen möchte ich mich nicht überhöhen über andere, sondern nur darstellen, welche Kompetenzen ich mitbringe."
  • Sina Löschke: "Ich möchte erstmal sagen, dass ich bisher sehr genieße, dass dieser Wahlkampf sehr fair und auf Ideenebene abläuft und nicht auf persönlicher. Ich glaube, ich bringe einen sehr pragmatischen Blick mit und ich habe natürlich große Interessen an Natur. Umweltschutz und Klimaschutz, das sind meine Leithemen im Leben. Ich glaube auch an Innovation und an neue Ideen und von denjenigen zu lernen, die Dinge schon richtig gut machen. Und mit mir hoffe ich, dass ich gemeinsam mit dem Team der Stadtverwaltung und allen, die sich beteiligen wollen, einfach diese neuen Innovationen auch wirklich nutzen und sie umsetzen kann. Der Rahmen ist beschränkt, aber ich glaube, wir haben da viel Luft nach oben."
  • Marc Borlinghaus: "Ich bin der jüngste Kandidat von allen, habe neue Ansätze, auch digitale Ansätze und ich glaube, dass es das auch ist, was Halver benötigt, um in Zukunft auch noch weiterhin attraktiv für junge Leute zu sein und auch weiterhin attraktiv für Wirtschaften zu sein."
  • Tula Pak: "Wie gesagt, ich komme ja auch nicht vom Amt, ne? Das sagen ja auch immer viele. Kommst nicht von der Verwaltung, nicht vom Amt, hast keine politische Ausbildung. Viele sehen das vielleicht negativ, aber ich sehe es als Chance. Ich bin unvoreingenommen, habe keine eingefahrenen Abläufe im Kopf, bringe frischen Wind mit und was auch am wichtigsten ist, finde ich, meiner Meinung nach bin ich eine Bürgerin aus Halver und ich bringe die Sicht der Bürger mit."

Die vollständige Aufzeichnung der Podiumsdiskussion gibt's hier nochmal anschauen.

Großes Interesse an LokalDirekt-Podiumsdiskussion