Interview.
Vier Kandidaten wollen Bürgermeister in Schalksmühle werden. Am 14. September wird gewählt. Im Interview mit LokalDirekt erklären sie, was sie antreibt und welche Pläne sie für die Gemeinde haben. Weiter geht's mit dem parteilosen Kandidaten Christian Breddermann. Das Gespräch fand im Juli statt.
Christian Breddermann ist Berufsmusiker und Gastronom - er betreibt das Kunst- und Kulturcafé der Volmegemeinde. Der 39-jährige Vater von zwei Kindern lebt in einer Partnerschaft, liebt gutes Essen und Trinken, besucht gerne Konzerte, macht Städtereisen und verbringt Zeit mit seiner Familie. Außerdem ist der ehemalige Polizist in verschiedenen Vereinen aktiv.
LokalDirekt: Als Treffpunkt sollten Sie einen Ort bestimmen, der Ihnen viel bedeutet. Nun sind wir hier, im Ortsteil Strücken– warum?
Christian Breddermann: "Weil Strücken der Ort ist, an dem alles für mich in Schalksmühle begann - wir sind, als ich ein Jahr alt war, hierhergezogen. Ich habe hier meine Kindheit verbracht, Freunde gefunden und später mein erstes Geld verdient, indem ich Zeitungen und Prospekte ausgetragen habe. Und wenn ich heute - insbesondere auf Touren mit dem Bürgerbus - durch den Ortsteil fahre, kommen immer noch Erinnerungen an diese Zeit in mir hoch.
LokalDirekt: Beschreiben Sie sich selbst in drei Worten. Ohne weitere Erklärung.
Zuverlässig. Menschlich. Energisch.
LokalDirekt: Was bringt Sie zum Lachen?
Schlechte Witze, Wortspiele - und schwarzer Humor.
LokalDirekt: Und was macht Sie wütend?
Jede Form der Ungerechtigkeit
LokalDirekt: Musiker, Gastronom, Feuerwehrmann, Bürgerbusfahrer - und nun auch Bürgermeisterkandidat. Warum ausgerechnet jetzt der Schritt in die Politik – und nicht schon früher?
Weil mein Leben zu voll war - obwohl ich mich natürlich immer schon für Lokalpolitik interessiert habe, diese aber bislang eher über die Zeitungen und Medien verfolgt und gelegentlich an Bürgergesprächen teilgenommen. Jetzt habe ich jedoch das Gefühl, dass der passende Zeitpunkt gekommen ist. Darüber hinaus kann ich mich mit den drei anderen Kandidaten und deren Parteilinien nicht gänzlich identifizieren, möchte aber, anstatt mich nur zu beschweren, den Schalksmühlerinnen und Schalksmühlern eine parteilose Alternative anbieten. Die Entscheidung selbst habe ich mir nicht leicht gemacht, sondern im Vorfeld viele Gespräche mit Arbeitskollegen, Freunden und natürlich der Familie geführt. Und übrigens - weil Anstand, Respekt und Fairness mir sehr wichtig sind - auch meine drei Mitbewerber vorab über meine Kandidatur informiert.
LokalDirekt: Abgesehen von dem Studium an der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung – dass Sie auf den Beruf des Polizisten vorbereitet hat - bringen Sie keinerlei Erfahrung in der Verwaltung mit. Wie wollen Sie das kompensieren?
Mir ist bewusst, dass Verwaltungserfahrung im klassischen Sinn hilfreich ist. Gleichzeitig bringen Bürgermeisterinnen und Bürgermeister ganz unterschiedliche berufliche Hintergründe mit. Es kann meiner Meinung nach sogar ein Vorteil sein, dass sie eben nicht aus der Verwaltung oder gar aus dem eigenen Haus kommen. Entscheidend ist für mich, dass sie Führungskompetenz, Entscheidungsstärke und Verständnis für behördliche Abläufe besitzen. Aus meiner langjährigen Arbeit beim Polizeipräsidium Hagen, sowie meiner Tätigkeit als Dozent an der Hochschule für Polizei und Verwaltung, kenne ich die Funktionsweise von Behörden recht gut. Ich bin vertraut mit Grundzügen des Dienstrechts, den Strukturen des öffentlichen Dienstes und den Besonderheiten, die diese Arbeit mit sich bringt. Die Arbeit mit Verwaltungsakten, also Entscheidungen der öffentlichen Verwaltung, immer unter Beachtung von Gesetzen und Form- und Verfahrensvorschriften, gehörte lange Zeit zu meinen täglichen Aufgaben. Nichtsdestotrotz werde ich mich natürlich in die konkreten Abläufe und Strukturen einarbeiten müssen. Dazu kommt, dass ich im Rathaus ja nicht allein arbeiten würde. In der Verwaltung sind bereits viele erfahrene und kompetente Menschen. Meine Aufgabe als Bürgermeister wäre es, gemeinsam mit diesem Team die besten Entscheidungen für unsere Gemeinde zu treffen.
LokalDirekt: Sie haben bislang keine kommunalpolitische Erfahrung. Was glauben Sie, ist Ihre größte Stärke im Vergleich zu den Mitbewerbern?
Ich sehe es als klare Stärke an, bislang nicht Teil der etablierten Strukturen zu sein. Das ermöglicht mir einen frischen Blick, inklusive kreativer und unkonventioneller Ideen und Herangehensweisen. Darüber hinaus denke ich, dass es ein Vorteil ist, wenn die Schlüsselposition des Bürgermeisters durch eine parteilose Person besetzt ist. Die bisherigen positiven Reaktionen auf meine Kandidatur zeigen, da treffe ich da wohl einen richtigen Nerv bei vielen Schalksmühlerinnen und Schalksmühlern.
LokalDirekt: Und, in diesem Kontext: Was können Sie von Ihren Mitbewerbern noch lernen?
Alle drei sind politische Urgesteine, von deren Erfahrungsschatz ich bei einer konstruktiven Zusammenarbeit im Rat sicher profitieren kann.
LokalDirekt: Was bedeutet Ihre Kandidatur für Ihre zahlreichen künstlerischen und ehrenamtlichen Aktivitäten – fahren Sie diese im Fall Ihrer Wahl zurück?
Eindeutig: Ja. Im Falle meiner Wahl werde ich eine Verschiebung meiner Prioritäten vornehmen: An erster Stelle wird dann die Gemeinde stehen. Gerade bei meinem lukrativsten Projekt - Ich & Du - würde ich dann auf die Ersatzbank rücken und nur noch in absoluten Ausnahmefällen mit auftreten.
LokalDirekt: Das Café ist zu einem beliebten Treffpunkt in der Gemeinde geworden – was passiert damit im Fall Ihrer Wahl?
Unabhängig vom Ausgang der Wahl, wird das Café weiter bestehen bleiben. Wir haben bereits jetzt einen Geschäftsführer, der nicht nur eine sehr gute Besetzung ist, sondern auch seine Einarbeitungszeit bereits hinter sich hat.
LokalDirekt: Wo werden Ihre Schwerpunkte im Wahlkampf liegen?
Die Aufgaben und Herausforderungen, vor denen der zukünftige Bürgermeister stehen wird, sind sehr vielfältig. Es ist mir daher nicht leicht gefallen, Wahlkampfschwerpunkte zu setzen. Eine ausführliche Übersicht über einige Themen, über die ich mir viele Gedanken gemacht habe, findet man auf meiner Homepage. Entscheidend ist für mich aber vor allem die Grundhaltung, mit der wir aktuellen und zukünftigen Herausforderungen begegnen. Mir ist nämlich wichtig, nicht nur fertige Antworten parat zu haben, sondern gemeinsam mit den unterschiedlichsten Menschen – aus Politik, Verwaltung, Vereinen, Wirtschaft und Bürgerschaft – passende Lösungen zu entwickeln. Dabei setze ich auf einen respektvollen Umgang, den Mut zu neuen Wegen und eine offene Kommunikation.
LokalDirekt: Für den Fall Ihrer Niederlage – planen Sie, sich dann trotzdem in Zukunft lokalpolitisch zu engagieren?
Ich bin ehrenamtlich bereits sehr engagiert, für ein weiteres sehr zeitintensives Ehrenamt hätte ich schlicht und ergreifend keinen Platz. Dennoch würde ich mich häufiger in öffentlichen Rats- und Ausschusssitzungen nicht nur blicken zu lassen, sondern mich auch aktiv an diesen beteiligen.
LokalDirekt: Das Hotel zur Post wird saniert. Wie könnte das Objekt zu einer echten Chance für den Ortskern werden? Und welchen Beitrag könnten Sie als Bürgermeister hierbei leisten?
Das Objekt muss perfekt in den Ortskern eingeflochten werden. In diese Überlegungen muss auch der Platz gegenüber mit einbezogen werden, genauso wie die Verkehrssituation - ich persönlich würde beispielsweise gerne prüfen lassen, ob die Installation eines Zebrastreifens an der Stelle machbar ist. Schon allein, um verkehrsrechtliche Sicherheit für Gäste und Personal zu schaffen. Für eine Fehlentscheidung halte ich die Aufschiebung des Wintergartens - damit wäre das Objekt meiner Meinung nach schlagartig noch attraktiver geworden. Die Ersparnis ist, mit Blick auf die Gesamtsumme, marginal - aber die Entscheidung jetzt nicht mehr rückgängig zu machen. Fest steht, dass an dieser Stelle ein Schmuckstück entstehen muss. Und, nicht zuletzt, müssen wir uns auf den Hintern setzen und uns darum bemühen, einen geeigneten Pächter zu finden, denn mit diesem steht und fällt der komplette Erfolg des Objekts. Insgesamt sehe ich das Hotel nicht nur als echte Chance, sondern vielmehr als den Grundstein dafür, die Attraktivität des Ortskerns wieder zu steigern.

LokalDirekt: Multifunktionssporthalle. Wenn ja, warum? Wenn nein, warum nicht?
Grundsätzlich: Ja. Eine solche Multifunktionshalle könnte zu einem absoluten Besuchermagneten werden. Mir stellt sich hier dennoch die Frage der Finanzierbarkeit. Ich denke, dass man hier in verschiedene Richtungen denken muss - zum Beispiel, ob es denkbar wäre, ein interkommunales Projekt daraus zu machen, oder die Wirtschaft daran zu beteiligen und auch Förderungen müssen konsequent in Anspruch genommen werden. Denn: Aus der Portokasse wird die Gemeinde das Projekt nicht finanzieren können. Und aus meiner Sicht gilt es, bei der Planung noch weitere Aspekte zu berücksichtigen: So sollten dabei Erweiterungsmöglichkeiten direkt mit in Betracht gezogen werden. Denkbar wäre für mich beispielsweise die Einbindung einer Gastronomie oder sogar eines Hotels, und die Schaffung eines attraktiven Foyers, in dem beispielsweise Tagungen stattfinden können. Multifunktion sollte - so oder so - am Ende dann aber auch Multifunktion bedeuten. Dort sollte nicht nur vereinsübergreifender Sport stattfinden können, sondern beispielsweise auch Konzerte, Abschlussbälle und andere Kulturveranstaltungen.
LokalDirekt: Junge Menschen sagen: „Hier ist nichts los.“ – Stimmt das? Und wenn ja: Nennen Sie mögliche Lösungsansätze.
Nein - hier ist eine Menge los. Ich kann dennoch nachvollziehen, dass ein Großteil der Angebote Jugendliche nicht anspricht. Daher bin ich der Meinung, dass wir in den Dialog treten und neue Lösungsansätze finden müssen. Es wurden von Arbeitskreisen bereits Ideen entwickelt, außerdem leistet das Jugendzentrum schon jetzt eine hervorragende Arbeit, dessen Kapazitäten gegebenenfalls noch ausgebaut werden könnte. Einer meiner Wahlkampfschwerpunkte ist tatsächlich, Räume für Jugendliche zu schaffen - und allein deshalb müssen wir mit ihnen ins Gespräch kommen. Der angedachte Grill- und Chillplatz geht für mich da schon in die richtige Richtung, einfach, um einen Platz zu schaffen, an dem sich junge Menschen treffen können - mich hat es in dem Alter auch nicht auf der elterlichen Couch gehalten. Wir können sicherlich nicht ändern, dass junge Leute die ländliche Idylle hier nun mal langweilig finden, sehr wohl können wir aber neue Angebote und Veranstaltungen für sie schaffen. Besonders wichtig in diesem Prozess ist mir persönlich, dabei nicht über die Köpfe der Jugendlichen hinweg zu entscheiden - sondern mit ihnen gemeinsam.
LokalDirekt: Apropos junge Leute: Immer wieder wird die mangelhafte Anbindung der Gemeinde an den öffentlichen Personennahverkehr kritisiert. Wie könnte eine Lösung ihres Erachtens aussehen?
Ich sehe das Problem, das übrigens nicht nur junge Leute betrifft, - und denke, dass wir mit den umliegenden Verkehrsverbänden ins Gespräch kommen müssen. Und damit meine ich nicht nur die MVG, sondern auch die Hagener Straßenbahn AG bzw. den VRR. Es fährt beispielsweise stündlich ein Bus von Hagen bis nach Rummenohl - vielleicht könnte man, insbesondere in Zeiten, in denen man sich auch nicht auf die Bahn verlassen kann, eine Lösung finden wie den besagten Bus bis nach Schalksmühle fahren zu lassen. Auch On-Demand-Lösungen sind ein interessantes Thema, welches auf jeden Fall weiterverfolgt werden muss. Wichtig ist mir also in erster Linie die Anbindung an die größeren Nachbarstädte wie Hagen und Lüdenscheid - in beide Richtungen muss es wieder zuverlässige Verbindungen geben, auch nachts. Dabei zu berücksichtigen sind dennoch auch die topographischen oder bauliche Gegebenheiten: Es wird zum Beispiel kein großer MVG-Bus bis in den hintersten Winkel von Strücken fahren können, weil er schon nicht durch die Unterführung kommt. Lobend erwähnen möchte ich an dieser Stelle auch die Arbeit des Bürgerbus-Vereins, der es den Schalksmühlerinnen und Schalksmühlern aus den äußeren Gemeindegebieten von Montag bis Samstag ermöglicht, in den Ortskern zu gelangen.
LokalDirekt: Leere Ladenlokale im Ortskern. Wie könnten die Gemeinde und Sie als Bürgermeister Schalksmühle wieder attraktiver für Einzelhändler machen?
Es ist ja so, dass der Handel in den kleineren Innenstädten generell weniger wird. Da sehe ich kein reines Schalksmühler Phänomen, sondern eine gesamtgesellschaftliche Entwicklung. Ein großes Stück weit müssen wir solche Veränderungen, auch wenn es uns schwerfällt, akzeptieren und schauen, wie wir mit der geänderten Lage umgehen. Es gibt aber durchaus auch noch interessierte Händler und Gastronomen, die auf der Suche nach einem geeigneten Ladenlokal sind. Hier müssen wir für den Standort Schalksmühle werben. Unsere Vorteile, wie beispielsweise nahe und kostenfreie Parkmöglichkeiten, günstige Pachten, treue Stammkunden usw. selbstbewusst ins Feld führen. Zur Entscheidung für den Schalksmühler Ortskern beitragen kann sicher auch das Landesförderungsprogramm zur Stärkung der Innenstädte und Zentren, das Kommunen bei der Leerstandsbeseitigung und der Schaffung neuer Angebote unterstützt. Dessen Mittel müssen konsequent dafür verwendet werden. Wir müssen nicht nur Hilfe bei der Beantragung von Fördermitteln anbieten, sondern auch Perspektiven aufzeigen. Denkbar wären für mich auch Nutzungs-Mixe - also Interessenten zusammenbringen, die sich ein Ladenlokal teilen. Die Dauer der Mietverträge sollte bei Bedarf auch möglichst kurz sein. Hier muss man ggf. auch mit Verpächtern sprechen. Was wir aber nicht vergessen dürfen ist, die Händler und Gastronomen, die wir vor Ort noch haben, zu hegen und zu pflegen und dafür zu sorgen, dass sie uns erhalten bleiben. Und: Wenn wir erst mal wieder ein attraktives Hotel zur Post haben, mit einem attraktiven Biergarten - wird der Ortskern auch hierdurch für Einzelhändler wieder reizvoller.
LokalDirekt: Welche weiteren Herausforderungen sehen Sie in der Gemeinde aktuell?
Grundsätzlich betrachte ich die leere Haushaltskasse als ein großes Problem mit vielen Folgeherausforderungen: In Zeiten in denen die Kürzung von freiwilligen Leistungen - wie beispielsweise die finanzielle Unterstützung von Vereinen – nicht mehr ausgeschlossen werden können, müssen wir mehr denn je dafür sorgen, dass wir als Politik, Verwaltung und Bürgerschaft zusammenhalten und einzelne Personengruppen und deren jeweils berechtigte Interessen nicht gegeneinander ausspielen. Dafür müssen wir Prozesse und Entscheidungen transparent machen und Gründe, gerade für unbeliebte Entscheidungen, klar und verständlich kommunizieren. Deshalb ist meines Erachtens die Kommunikation absolut entscheidend. Eine damit wesentlich zusammenhängende Frage ist für mich, wo sich neue Betriebe ansiedeln könnten - oder sich bestehende ausbauen könnten. Dafür sollten die Unternehmer nicht vor vollendete Tatsachen, sondern in die Planung mit einbezogen werden. Darüber hinaus muss sowohl das Ehrenamt als auch die Vereinsarbeit stärker in den Fokus gerückt werden - begonnen bei der Frage, wie man neue Mitglieder für die Vereine oder die Feuerwehr gewinnt. Ich denke da an Ehrenamtsbörsen und die Schaffung von Möglichkeiten für Vereine, sich zu präsentieren - sei es durch Veranstaltungen wie "Musik verbindet" oder "Sport im Dorf."
LokalDirekt: Die Anzahl der Einwohner sinkt: Wie könnte man Schalksmühle als Wohnort für junge Familien wieder attraktiver machen?
Es fängt schonmal damit an, dass es für junge Leute möglich sein muss passendes Wohneigentum zu erwerben oder entsprechend zur Miete zu wohnen. Und zwar müssen wir da unterschiedliche Einkommensklassen berücksichtigen. Gegebenenfalls macht es Sinn gezielte Unterstützung bei Renovierungs- und Neubrauprojekten, die besonders interessant für junge Familien sind, zu leisten. In der Folge ist es wichtig, dass Arbeitsstellen, Schulen und Kitas gut und sicher erreicht werden können und entsprechende Kapazitäten frei sind. Letzteres hängt im Regelfall von der Verfügbarkeit von pädagogischem Fachpersonal ab und da schließt sich der Kreis wieder, denn auch diese dringend benötigten Menschen wollen verständlicherweise in einem attraktiven Ort wohnen. Die Personalproblematik in diesem Bereich wird sich zuspitzen durch den Rechtsanspruch auf einen OGS-Platz ab August 2026. Außerdem besteht für mich ein unmittelbarer Zusammenhang zu Freizeit- und Sportmöglichkeiten, dem gastronomischen Angebot und Veranstaltungen für alle Altersklassen, da diese Faktoren maßgeblich zur Lebensqualität und Attraktivität eines Wohnortes beitragen.
LokalDirekt: Das Pro-Kopf-Einkommen der Bewohner der Volmegemeinde ist höher als das der Düsseldorfer. Aber: Auch hier gibt es Armut. Wie könnten sozial schlechter gestellte Menschen von der Gemeinde aufgefangen und unterstützt werden?
Insgesamt betrachte ich den Umgang mit sozial schwachen Personen eher als gesamtgesellschaftliches Problem und weniger als ein spezielles der Gemeinde Schalksmühle - auch, wenn unser Haushalt dadurch natürlich enorm belastet wird. Soweit es mir bisher bekannt ist, arbeiten beim Sozialamt der Gemeinde bereits sehr engagierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Nach meiner Beobachtung nehmen die die Leute im Zweifel auch an die Hand und bieten aktive Unterstützung an - wie zum Beispiel bei der Beantragung von Sozialleistungen. Vorstellbar wäre für mich zusätzlich noch die Einrichtung einer Jobbörse auf Gemeindeebene, um offene Arbeitsstellen zu sammeln und sichtbarer zu machen. Wir können auch froh sein, dass es Einrichtungen wie die Tafel oder auch unsere Flüchtlingshilfe gibt, die den Schaden für gewisse Personengruppen abmildern. Derartige Gruppierungen rennen bei mir offene Türen ein und ich unterstütze sie so gut es mir möglich ist.
LokalDirekt: In diesem Zusammenhang: Alleinerziehende, Frauen, ältere Menschen, Kinder: Wer wird in Schalksmühle Ihrer Meinung nach strukturell übersehen – und was möchten Sie als Bürgermeister dagegen tun?
Es gibt da sicher einige Stellschrauben, an denen man auf kommunaler Ebene noch etwas drehen kann, aber auch hier sehe ich eventuelle strukturelle Benachteiligungen eher als gesamtgesellschaftliches Problem. Der Rechtsanspruch auf einen OGS-Platz ist meiner Meinung nach ein Schritt in die richtige Richtung, auch, wenn sich mir persönlich noch die Frage nach der flächendeckenden Umsetzbarkeit stellt. Für ältere Menschen bietet mein Café in Zusammenarbeit dem Seniorenpark Reeswinkel wöchentlich einen Mittagstisch an, der gut angenommen wird. Das zeigt mir, dass wir zentrale Räume schaffen sollten, um insbesondere Personen mit eingeschränkter Mobilität zusammenzuführen. Aktuell arbeite ich ein Konzept für eine Art abgespeckten Wochenmarkt aus. Veranstalter wird hier auch das Café sein. Der Markt soll dann weniger als Versorgungseinrichtung gesehen, sondern vielmehr als Event wahrgenommen werden. Für mich persönlich sind auch Mehrgenerationen-Konzepte interessant, ebenso wie die Schaffung von zentrumsnahem Wohnraum. Nicht aus dem Blick verlieren sollten wir auch die ärztliche Versorgungslage in der Gemeinde. Auch hier muss man schauen, wie man Schalksmühle für Ärzte und medizinisches Personal interessant macht.
LokalDirekt: Die Primusschule hat ein Alleinstellungsmerkmal in der Region – und ist vor kurzem aus der Erprobungs- in die Bestandsphase übergegangen, bleibt der Gemeinde also dauerhaft als Institution erhalten. Halten Sie das Konzept für zukunftsfähig?
Wenn die Primusschule sich nun in der Bestandsphase befindet, werden sich Fachgremien bereits ausgiebig mit der Frage der Zukunftsfähigkeit auseinandergesetzt haben. Ich persönlich sehe es auf jeden Fall als gut an, dass wir damit eine weiterführende Schule in der Gemeinde etabliert haben. Das ist eine Bereicherung für Schalksmühle.
LokalDirekt: Digitalisierung – ganz Deutschland redet darüber. Und trotzdem werden immer noch Faxe geschickt und Formulare ausgefüllt. Wird die Gemeinde mit Ihnen als Bürgermeister digitaler?
Ich weiß, dass die Gemeinde da schon auf einem ganz guten Weg ist. Die Möglichkeit, Anträge online auszufüllen und abzuschicken, gibt es ja schon. Der Weg der Digitalisierung sollte selbstverständlich weiterverfolgt werden - auch, wenn der Prozess wohl noch eine ganze Weile dauern wird.
LokalDirekt: Wir leben in Zeiten des fortschreitenden, menschengemachten Klimawandels. Borkenkäfer und Jahrhundertflut liegen hinter uns, aber, realistisch betrachtet, noch viele weitere Wetterereignisse vor uns. Welche konkreten Maßnahmen könnte die Gemeinde ergreifen, um unseren Kindern eine bessere Welt zu hinterlassen?
Klima- und Artenschutz sind natürlich heute wichtiger denn je. Der Katastrophenschutz wurde seit der Flutkatastrophe vor vier Jahren verbessert, auf der Ebene bewegt sich gerade enorm viel - gerade, was Meldewege und Frühwarnsysteme angeht. Auch die Zuständigkeiten sind seitdem besser geregelt - was die Gemeinde betrifft, müsste ich mich zunächst auf den aktuellen Sachstand bringen, aber ich weiß, dass man in dem Bereich nicht untätig war. Grundsätzlich bin ich ein Freund von erneuerbaren Energien - da sehe ich aber faktisch auch keinen Widerwillen von den Unternehmern aus der Region, da ist in den letzten Jahren glücklicherweise ein Bewusstsein geschaffen worden. Gesamtgesellschaftlich betrachtet denke ich, dass wir da bereits auf einem guten Weg sind.
LokalDirekt: Und welchen Beitrag könnte jeder Einzelne für das Klima leisten? In welchen Bereichen gehen Sie bereits als gutes Beispiel voran, indem sie zum Beispiel das Auto auch mal stehen lassen?
Ich beziehe - sowohl im Café, als auch im Büro und daheim - grünen Strom vom Netzanbieter, und ich finde, dass diese Maßnahme jeder Einzelne umsetzen kann. Wenn ich gewählt werde und demnächst keine weiten Strecken zu Auftritten mehr fahren muss, kommt für mich auch die Umstellung auf Elektromobilität in Betracht. Außerdem wird es von mir keine Wahlplakate geben, stattdessen werde ich einen aktiven Beitrag zum Umweltschutz leisten. Sofern es möglich ist, versuche ich, lokal zu kaufen - auch für das Café, das ausgeschenkte Bier kommt zum Beispiel aus der benachbarten Brauerei. Und: Ich fahre auf der Autobahn nur in Ausnahmefällen schneller als 130 km/h.

LokalDirekt: In diesem Zusammenhang darf eine Frage natürlich nicht fehlen: Wie stehen Sie zu dem geplanten Windpark auf dem Worthberg?
Hier müssen wir vor allem in den Dialog mit den betroffenen Anwohnern treten - und dürfen nicht einfach über deren Köpfe hinweg entscheiden. Da müssen meiner Meinung nach individuelle Lösungen gefunden werden. Dennoch müssen wir alle am Ende in irgendeinen sauren Apfel beißen. Ich halte Windparks für ein sehr geeignetes und zielführendes Mittel, um erneuerbare Energie zu erzeugen.
LokalDirekt: Sie führen ein Kunst- und Kulturcafé, und sind auch als Musiker selbstständig. Einnahmen und Ausgaben sind Ihnen also bekannt, aber der Gemeindehaushalt ist ein paar Nummern größer. Wie bereiten Sie sich auf diese Aufgabe vor?
Ich hätte bei der Führung des Haushaltes einen Kämmerer an meiner Seite - und mit diesem sind wir in der Gemeinde bisher sehr gut aufgestellt gewesen, sodass auch sein Nachfolger eine gut geführte Kasse übernehmen wird. Und: Im Fall meiner Wahl wäre ich sehr dankbar, dass er mir mit meiner Expertise noch eine Weile zur Verfügung stehen und mich bei der Einarbeitung in das Thema Haushaltsführung unterstützen kann. Aber sowohl als Bürgermeister als auch als Unternehmer ist gleich, dass man nur Geld ausgeben kann, was auch vorhanden ist. Für meinen Betrieb haben die meisten Entscheidungen auch unmittelbare finanzielle Auswirkungen und deswegen muss man immer schauen, ob sie grundsätzlich richtig sind und auch ob der Zeitpunkt passt. Im Haushalt der Gemeinde sind Maßstäbe andere, aber die Struktur ist ähnlich.
LokalDirekt: Wie stehen Sie zur geplanten Erhöhung der Kreisumlage?
Als Bürgermeister würde mich vor allem unter Druck setzen, dass unser finanzieller Spielraum damit noch kleiner wird, als er ohnehin schon ist. Wo sollen wir dann noch Einsparungen machen, um die Umlage aufzufangen? In dem Punkt sind wir sehr fremdbestimmt, eine Tatsache, die wir nicht ändern können. Sehr wohl würde ich als Bürgermeister in solchen Fällen aber immer die Möglichkeit prüfen, ob eine Klage gegen diese Erhöhung sinnvoll wäre und mich energisch dafür einsetzen, dass Schalksmühler Interessen auch im Kreis berücksichtigt werden. Am Ende wird uns aber wahrscheinlich nichts anderes übrigbleiben, als zu lernen, mit weniger Geld auszukommen. Wir müssen schauen, wie wir trotz der knapperen Mittel handlungsfähig bleiben und auch noch sinnvoll in die Zukunft investieren können.
LokalDirekt: Wie beurteilen Sie die Lage der Geflüchteten, die in der Volmegemeinde leben? Wo hakt es, an welchen Stellen läuft es gut?
Auch in diesem Bereich gibt es glücklicherweise sehr engagierte Mitarbeiter bei der Gemeinde - und, wieder einmal, im Ehrenamt. Die Flüchtlingshilfe leistet hier ganze Arbeit und wird getragen durch starke Persönlichkeiten. In Zusammenarbeit mit der Gemeinde werden hier wirklich viele Probleme aufgefangen oder direkt im Keim erstickt. Die Schwachstellen der Asylpolitik der Bundesregierung werden hier aufgefangen - eine Tatsache, auf die wir stolz sein, aber nicht darauf ausruhen können. Ich befürchte, dass wir in Zukunft immer wieder mit Geflüchteten konfrontiert werden, das sind Szenarien, auf die wir uns vorbereiten müssen.
LokalDirekt: Wie könnte man die Integration noch weiter vorantreiben?
Die Integration kann vor allem durch gezielte Angebote weiter vorangetrieben werden. Dazu zählen zum Beispiel Sprach- und Berufskurse, Unterstützung bei der Jobsuche sowie Freizeit- und Begegnungsprojekte, die den Austausch zwischen Neuankömmlingen und Einheimischen fördern. Die Gemeinde allein kann diese Aufgaben jedoch nicht stemmen – sie ist weiterhin auf die Unterstützung von Ehrenamtlichen angewiesen. Einige lokale Unternehmer tragen bereits einen wichtigen Teil bei, etwa indem sie Lagerflächen bereitstellen oder Praktika ermöglichen.
Erfolgreiche Integration gelingt nur, wenn wir alle zusammenarbeiten. Mit Blick auf den starken Gemeinschaftssinn in Schalksmühle bin ich jedoch zuversichtlich, dass dies hier gut gelingen wird.
LokalDirekt: Die AfD gründet derzeit in der Region vermehrt Ortsverbände und stellt Bürgermeisterkandidaten – die Volmegemeinde nicht. Dennoch: Wie stellen Sie sich eine Zusammenarbeit mit der mittlerweile als gesichert rechtsextrem eingestuften Partei und deren Vertretern auf Kreisebene vor?
Das ist eine Kröte, die wir schlucken müssen - solange diese Partei demokratisch wählbar und nicht verboten ist, haben wir ihre Existenz zu akzeptieren. Solange die AfD derartig starke Ergebnisse erzielt, befinden wir uns in dem Dilemma, sie nicht ignorieren zu können. Wir können letztendlich nur hoffen, dass es irgendwann ein Verbotsverfahren geben wird - das allerdings nur angestoßen werden sollte, wenn mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit dieses auch von Erfolg gekrönt sein wird, ansonsten kann der Schuss auch nach hinten losgehen.
LokalDirekt: Warum ist eine klare politische Positionierung Ihrer Meinung nach gerade in diesen Zeiten wichtiger denn je?
Klare politische Positionen schaffen Glaubwürdigkeit und Orientierung. Mir fehlt oft, dass Parteien deutlich Stellung beziehen. Wer transparent für seine Werte steht, wird ernst genommen, ganz unabhängig von der Partei. Im Hinblick auf die Bürgermeisterwahl ist es für mich übrigens auch eine klare Positionierung, parteilos anzutreten um nah bei den Menschen zu sein und Entscheidungen unabhängig von Parteileitlinien treffen zu können.
LokalDirekt: Angenommen, es ist Ihr erster Arbeitstag als Bürgermeister – mit welchem Projekt fangen Sie, nach dem ersten Kaffee, an?
Zweiter Kaffee, definitiv. Aber im Ernst: Die ersten Tage werden vermutlich von Antrittsbesuchen und Einarbeitungsprozessen geprägt sein. Und damit kann ich schon während des ersten Kaffees beginnen.
LokalDirekt: Welche Schlagzeile würden Sie, in fünf Jahren, gerne über Ihre Amtszeit lesen?
Christian Breddermann: Ganz Schalksmühle hofft, dass er noch einmal kandidiert.
LokalDirekt: Und welche lieber nicht?
Christian Breddermann: Gut, dass der Schmerz endlich nachlässt.
LokalDirekt: Gibt es noch etwas zu sagen, was bislang unerwähnt blieb?
Das Wahlrecht ist ein Privileg - und egal, ob sie mich oder einen anderen Kandidaten wählen, sollte jeder Bürger davon Gebrauch machen.
Begründen Sie, warum ausgerechnet Sie der perfekte Bürgermeister für Schalksmühle sind.